Till Eulenspiegel narrt einen Einbecker Bierbrauer

Autor

Hermen Bote

Titelblatt der Straßburger Eulenspiegel-Ausgabe von 1515

- 1515 -

Die 47. Histori

saget, wie Ulenspiegel zu Einbeck ein Brüwerknecht ward unnd einen Hund, der Hopff hieß, für Hopffen sod.

Zuthätig macht sich Ulenspiegel wider in sein Arbeit. Uff ein Zeit [...] kam er wider geen Einbeck und verdingt sich zu einem Bierprüer. Es begab sich, daz der Brüer zu einer Hochzeit wolt, und befalh Ulenspiegeln, er solt mit der Magt Bier brüen, so best er kund. Uff den Nachtage wolt er zu Hilff kummen. Und vor allen Dingen solte er Fleiß thun und den Hopffen wol sieden, uff daz daz Bier scharpff darvon schmecken würd, daz er daz verkouffen kund

Ulenspiegel sagt ja, er wolt daz best thun. Mit dem gieng der Bruwer mit seiner Hußfrawen zu der Thüren uß. Ulenspiegel begund fast zu sieden, die Magt unterweißt ihn, dann sie mer Verstands het daruff dan er. Da es nun kam, daz man den Hopffen sieden solt, sprach die Magt: »Ach Lieber, den Hopffen sieden thust du wol allein, vergun mir, daz ich ein Stund gon mag und den Tantz besehen.« Ulenspiegel sagt ja und gedacht: »Gat die Magt auch hinweg, so hast du deiner Schalckheit Macht. Waz wilt du nun disem Bruwer für ein Schalckheit thun?« Nun het der Bruwer ein grossen Hund, der hieß Hopff. Den nam er, als daz Wasser heiß ward, und warff ihn darin und ließ ihn wol versieden, daz ihm Hut und Har abgieng und daz Fleisch aller Ding von den Beinen fiel. Als nun die Magt bedacht, daz wider Zeit wär heimzugon, der Hopff solt nun genug haben, da kam sie und wolt Ulenspiegeln zu Hilff kumen. Da sagt sie: »Sich, mein lieber Bruder, daz hat genug, schlag ab!«

Als sie nun den Seihkorp fürschlügen und begunden ein Schoüffen nach dem andern inschlagen, da sagt die Magt: »Hast du auch Hopffen darin gethon, ich vernim noch nit in meiner Schuffen.« Ulenspiegel sagt: »Uff dem Grund würst du den finden.« Die Magt fischet darnach und uberkam daz Reff [Gerippe] uff der Schuffen und begund lut zu schrihen: »Ei, behüt mich Got, was hast du darin gethon? Der Hencker trinck das Bier!« Ulenspiegel sagt: »Als mich unser Bruwer hatt geheissen, das hab ich darin gethon. Und ist anders nit dan Hopff, unser Hund.«

Indem kam der Bruwer wol getruncken und sprach: »Was thun ihr nun, mein lieben Kinder, sein ihr guter Ding?« Die Magt sprach: »Ich weiß nit, wet den Teuffel wir thun. Ich gang ein halb Stund, den Tantz zu besehen, und hieß unsern nüwen Knecht, den Hopffen dieweil gar sieden, so hat er unsern Hund gar gesotten. Hie mögen Ihr wol sein Ruckgrad sehen.« Ulenspiegel sagt: »Ja, Her, Ihr haben mich das so geheissen. Ist es nit ein grose Plag, ich thun alles, was man mich heisset, noch kan nieden Danck verdienen. Es seint, welche Bruwer es wellen, thäten ihr Gesind halber das, das man sie hieß, sie liessen sich begnügen.« Also nam Ulenspiegel Urlob und schied davon und verdient niergen grossen Danck.

Anmerkungen

Im ganzen Land hat der anarchische Schalk Till seine diversen Arbeitgeber aus der Ruhe gebracht, indem er ihre Anweisungen beim (unbedachten) Wort nahm. Da war's Ehrensache, daß er's in der Bierstadt Einbeck bei einem Brauer tat. Eine, zugegeben, etwas makabre Episode (aber wie kann man seinen Hund denn auch »Hopff« nennen...).

Quelle

Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel (Hrsg. Wolfgang Lindow), Stuttgart : Reclam, 1966, S. 137 ff.