Eine kleine Harfe als Angedenken

Autor

Ludwig Christoph Heinrich Hölty

Das Höltydenkmal von 1901 auf dem Nikolaifriedhof Hannover

- 1775 -

Ihr Freunde, hänget, wann ich gestorben bin,
Die kleine Harfe hinter dem Altar auf,
    Wo an der Wand die Totenkränze
        Manches verstorbenen Mädchens schimmern.

Der Küster zeigt dann freundlich dem Reisenden
Die kleine Harfe, rauscht mit dem roten Band,
    Das, an der Harfe festgeschlungen,
        Unter den goldenen Saiten flattert.

Anmerkungen

Ludwig Hölty, der Mitbegründer und zugleich der Begabteste des »Göttinger Hainbundes«, war als Pfarrerssohn in Mariensee geboren worden. Im Dorf Mariensee (unweit vom Steinhuder Meer gelegen und heute ein Ortsteil von Neustadt am Rübenberge) mit seinem berühmten - nach der Reformation in ein Damenstift umgewandelten - Nonnenkloster  ist Ludwig Hölty auch aufgewachsen: »Mariensee hat eine sehr dichtrische angenehme Lage. Ringsum sind Gehölze und Kornfelder und Wiesen.« Und an den Altar der dortigen backsteinernen Klosterkirche mag er gedacht haben, als er sich den Platz für seine »kleine Harfe« ausmalte. Nach Abschluß seines Göttinger Theologiestudiums war Hölty nach Mariensee zurückgekehrt - schwer fieberkrank, an unheilbarer Tuberkulose leidend, von der ihn auch die Behandlung durch den berühmten Medikus Zimmermann nicht befreien konnte. Zwar zog er sogar noch nach Hannover, um unter Zimmermanns direkter Obhut zu sein, doch vergebens. Ludwig Hölty ist im 28 Lebensjahr in Hannover gestorben.

Sein Grab auf dem dortigen St.-Nikolai-Friedhof ist verschwunden, zudem wurde der Friedhof in den 1950er Jahren zur Restgrünfläche, von mehrspurigen Fahrbahnen durchschnitten. Inzwischen wurden der Friedhof und der angrenzende Klagesmarkt (Klages leitet sich vom plattdeutschen St. Niklas ab) neu gestaltet und das von Otto Lüer im klassizistisch anmutenden Jugendstil geschaffene und 1901 errichtete Hölty-Denkmal neu platziert. Im Sockel finden sich die ersten Zeilen aus Nikolaus Lenaus Gedicht "Am Grabe Höltys": "Hölty, dein Freund der Frühling ist gekommen. Klagend sucht er im Haine dich zu finden." 2008 hat die Stadt Hannover gemeinsam mit der örtlichen Sparkasse den Hölty-Preis für Lyrik neu geschaffen und dem Dichter so ein modernes Denkmal gesetzt. - Höltys Gedenkstein in Mariensee ist noch in recht beklagenswertem Zustand. - In jedem Fall bleiben Höltys wunderbare Gedichte.

Quelle

Ludwig Christoph Heinrich Hölty, Werke und Briefe (Hrsg. Uwe Berger), Berlin und Weimar : Aufbau, 1966, S. 200