Gottfried Wilhelm Leibniz

Zeitgenössisches Portrait des Gelehrten
Zeitgenössisches Portrait des Gelehrten
Gottfried Wilhelm Leibniz

* 21.06.1646 in Leipzig
† 14.11.1716 in Hannover

Vita

Gottfried Wilhelm Leibniz wurde am 21. Juni (nach dem jetzt gültigen gregorianischen Kalender am 1. Juli) 1646 in Leipzig als Sohn des Professors der Moralphilosophie Friedrich Leibniz geboren. Die Mutter, Catharina Schmuck, Tochter eines angesehenen Juristen, war die dritte Frau des zweifach verwitweten Vaters.

Nach dem Besuch der Nicolai­-Schule Leipzig studierte Gottfried Wilhelm an den Universitäten Leipzig und Jena Philosophie und Rechtswissenschaften und  wurde 1667 an der Universität Altdorf promoviert. Eine ihm angebotene Professur lehnte er ab, weil er nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch arbeiten wollte. Entsprechend der damaligen Zeit mit absolutistischen Herrscherhäusern, war die Stelle als Berater eines Fürsten am ehesten geeignet, gestalterisch und politisch Einfluss zu nehmen.

Zunächst war Leibniz für den  Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn tätig. Ab 1672 hielt er sich in diplomatischem Auftrag in Paris auf, was ihm die Gelegenheit bot, sich an einer der führenden europäischen Universitäten wissenschaftlich fortzubilden. Leibniz musste Paris jedoch 1676 aus finanziellen Gründen verlassen und nahm eine Stelle als Hofrat und Bibliothekar des Herzogs Johann Friedrich von Braunschweig-Lüneburg an, der als Fürst Calenberg in Hannover residierte. Unter dessen jüngerem Bruder Ernst-August, dem Ehemann der Sophie von der Pfalz und Vater des späteren englischen Königs George I., wurde Leibniz 1691 auch Bibliothekar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Ab 1685 schrieb Leibniz im Auftrag des Hannoverschen Fürstenhauses an einer Geschichte der Welfen und reiste dafür durch Europa. Er nahm die Gelegenheit wahr, verschiedenen Fürsten, wie zuvor auch bereits Ludwig dem XIV., militärische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Ideen oder Vorschläge zu unterbreiten, die jedoch meist auf wenig Interesse der Herrscher stiessen.

Ende der 1690er Jahre bezog Leibniz eines der Renaissance-Bürgerhäuser der Stadt in der Schmiedestraße, wo er bis zu seinem Tod wohnte und etliche Jahre seinen Sekretär, den zunächst Autodidakten, dann Leibniz' Schüler und erfolgreichen Wissenschaftler Rafael Levi, beherbergte. Die Fassade des im II. Weltkrieg zerstörten Hauses, wurde 1983 rekonstruiert und einem Neubau am Holzmarkt vorgeblendet, der als Gästehaus der Universität dient.

1700 wurde Leibniz Präsident der neu gegründeten Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin, die auch unter Einfluss der preußischen Königin, Sophie Charlotte von Hannover, Tochter der Kürfürstin Sophie und auch eine enge Freundin Leibniz´, gegründet worden war. Unter Leibniz´ Ägide folgten weitere Akademiegründungen in Berlin-Brandenburg, Wien und St. Petersburg.

Leibniz gilt bis heute als Universalgelehrter, dessen Werk weit über seine Zeit hinaus Wirkung entfaltet. Auf dem Gebiet der Mathematik, Physik, praktischer Technik und Maschinenbau, aber auch Philosophie und Metaphysik sogar Sprachwissenschaft hinterliess er zum Teil bahnbrechende, immer aber eigenständige oder solitäre  Werke. Das Modell seiner 1673 in der London Royal Society vorgestellte Rechenmaschine wird heute gerne als „erster Computer“ bezeichnet, was insofern stimmt, als Leibniz dafür das von ihm vollständig dargestellte Binäre System (auch Duales System) zur praktischen Anwendung brachte, das bis heute Grundlage aller Digitaltechnik ist. Leibniz diente es - ganz im Sinne der barocken Weltbetrachtung - jedoch genauso dazu, einen Gottesbeweis zu führen, da er in dem mathematischen System ein Sinnbild des christlichen Glaubens und der Dreifaltigkeit sah.

Leibniz starb am 14. November 1716 in Hannover und wurde in der Neustädter Kirche beigesetzt. Da sein Grab mit der gesamten Innenausstattung der Kirche ebenfalls im II. Weltkrieg Brandbomben zum Opfer fiel, erinnert heute eine Gedenkplatte im südlichen Seitenschiff in der Nähe der Vierung an ihn.

Besonders beeindruckend ist neben Leibniz' zahlreichen wissenschaftlichen Werken seine umfassende Korrespondenz, die er mit über tausend Briefpartnern - Wissenschaftlern, Fürsten, Politikern, Philosophen und Theologen - führte. Auch mit der oben erwähnten Sophie Charlotte stand er in angeregtem Austausch. Die über 15.000 Briefe unfassende Korrespondenz wird mit dem wissenschaftlichen Nachlass als von der UNESCO anerkanntes Weltdokumentenerbe von der Niedersächsischen Landesbibliothek, der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, in Hannover bewahrt und erforscht.

Für die Einwohner Hannovers hat Leibniz zudem bis heute greifbare Wirkung, weil er die Kurfürstin Sophie von Hannover, englische Thronerbin und Mutter Georg I. von England, auch bei der Gestaltung der bis heute öffentlich zugänglichen Herrenhäuser Gärten beriet und beeinflusste, einer in Europa einmalig authentisch erhaltenenen, barocken Gartenanlage. Der ihm zur Erinnerung  und Ehre von Johann Daniel Ramberg geschaffene Leibniztempel wurde 1790 auf dem Waterlooplatz errichtet und steht heute im Georgengarten, der zum Herrenhäuser Gartenensemble gehört. Bis in die 1980er Jahre schmückte eine Büste des Gelehrten den Tempel. Diese wurde aber so oft mutwillig beschädigt, dass sie zum Schutz entfernt wurde. Heute befindet sie sich im Museum Herrenhausen. 2010 wurde eine Kopie im Tempel aufgestellt.

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Unter Trivia lässt sich noch anmerken, daß Hermann Bahlsen, Gründer der gleichnamigen hannoverschen Keksfabrik, 1891 einen Butterkeks nach dem berühmten Philosophen nannte und dadurch mit dem Herstellern der beliebten Salzburger „Mozartkugel“ nicht nur gleichzog, sondern diese an Popularität überrundete. Allerdings beziehen sich die 52 Zähne des Kekses, entgegen hartnäckiger Gerüchte, nicht auf Leibniz´ Binäres System.

2013 sorgte ein Schelmenstreich international für Aufsehen: Der am historischne Bahlsengebäude angebrachte vergoldete Leibnizkeks wurde von einem angeblichen "Krümelmonster" entwendet und für den Versuch, Kekse für für ein Kinderkrankenhaus zu erpressen, eingesetzt. Das besagte "Krümelmonster" hatte jedoch ein Einsehen. Der Keks tauchte nach einigen Tagen vor der ebenfalls nach Leibniz benannten Universität Hannover wieder auf, mit einer Schleife um den Hals der Bronzeplastik des Niedersachsenrosses gebunden. Seitdem hängt er wieder am angestammten Platz an der Podbielskistraße - nun videoüberwacht, was wiederum unter anderem ohne Leibniz´ mathematische Grundlagenforschung und sein Vermögen, diese zur praktischen Anwendung einzusetzen, kaum möglich wäre.

Publikationen (Auswahl)

Titel Rubrik Jahr
Sämtliche Schriften und Briefe Hg. Akademie der Wissenschaften der DDR. Erste Reihe, zwölfter Band. 1990

Niedersachsen literarisch

Titel Erwähnte Orte
Hannover ist nicht Paris oder London Hannover Details